Herbstspaziergang auf den Heuwinkl

Veröffentlicht am: 11. November 2023

 

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Die Gruppe auf dem Weg

 

Am 07. Oktober dieses Jahres traf sich ein Teil des SMDB Ortszentrums Benediktbeuern zum „Herbstspaziergang“. Dieses Mal wurde es fast eine kleine Wallfahrt zur barocken Wallfahrtskirche Unserer Lieben Frau in Iffeldorf. Hier in der Gegend kennt man sie unter dem Namen Heuwinklkapelle. Während im Kloster und Dorf Benediktbeuern die Kräne und die nach dem Hagelsturm mit Planen abgedeckten Dächer ins Auge springen, waren hier keine Spuren der Verwüstung zu bemerken.

Am frühen Nachmittag versammelten sich Klosterdirektor P. Heinz Menz, Ortskoordinatorin Monika Topp mit ihrem Lebensgefährten, Margit Rundbuchner, Heidi Kneißl, Rita Spensberger sowie Henning und Jutta Reuter. Erfreulicherweise gesellten sich vier Gäste zu uns: aus der Stifterfamilie Frau Eva Irle und drei junge Volontärinnen des Klosters, zwei junge Damen aus Italien, eine aus Spanien.

Durch eine von Kastanienbäumen gesäumte Allee mit einer wunderbaren Aussicht auf die Berge gingen wir die Anhöhe hinauf zum Kirchlein, das 1701 eingeweiht wurde und ein viel besuchter Wallfahrtsort in der oberbayrischen Gegend war.  Ähnlich einem Kreuzweg sind entlang des beschaulichen Weges sieben Stelen aus Kastanienholz geschnitzt aufgerichtet, die die sieben Schmerzen Mariens zeigen.  Anhand eines ausliegenden Flyers hielten wir mit einer kurzen Betrachtung und einem Gebet zur Muttergottes, der Helferin der Christen, vor jedem Bildstock inne. So gelangten wir vorbereitet auf den Gebetsort oben am Hügel bei der Kapelle an.

Das Dorf Iffeldorf mit seinen Ländereien und den fischreichen Osterseen gehörte seit ca. 1650 zum Kloster Wessobrunn. In dessen Nachbardörfern arbeiteten Kunsthandwerker, die im Laufe der Zeit bedeutende Baumeister und Stukkatoren hervorbrachten, deren Handschrift in vielen bayrischen Kirchen, Klöstern und Fürstenhöfen zu sehen ist. Einer der bekanntesten war Johann Schmuzer, der die Heuwinklkapelle als sein letztes Bauwerk errichtete. 

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Sie wirkt fast wie ein Rundbau mit einer großen Kuppel, die von einem Zwiebeltürmchen gekrönt ist, doch der Grundriss ist ein Quadrat, an dessen vier Seiten Konchen angebaut sind, deren Decken als große Muschelschalen gestaltet sind. So findet der Betrachter keine Kuppelform mehr vor, sondern einen trichterförmigen großen Raum, der den Blick bis in den Dachreiter zieht. Die trapezförmigen Wände sind mit prächtigem Stuck verziert.

Schon im 13. Jahrhundert wurde in Iffeldorf Maria verehrt, da in der mittelalterlichen Dorfkirche wurde ein Stück von Marias Schleier als kostbare Reliquie aufbewahrt wurde. Viele Gebetserhörungen wurden diesem Bildnis zugeschrieben und der Dank der Bittsteller an die Muttergottes in Form von Spenden wurde so umfangreich, dass die Wallfahrtskapelle erstellt werden konnte, in die das Marienbild vom Hochaltar der Dorfkirche übertragen wurde.

Wir widmeten einen großen Teil unserer Aufmerksamkeit vier Frauengestalten des Alten Testaments, die als Ölbilder im mit Akanthus reich geschmückten Gewölbe dargestellt sind. Die schützende und hilfreiche Gottesmutter mit Jesus auf dem Arm wird als Ziel und Erfüllung der Geschichte Gottes mit seinem Volk Israel vor Augen gestellt: Als Anwältin („Advocata“) wird Deborah gezeigt, die prophetische Richterin. Sie zog mit dem israelitischen Feldherrn Barak vom Berg Tabor aus in den Kampf gegen die Kanaaniter, die das Volk Israel bedrohten und unterdrückten. Das Vertrauen auf Gott brachte den Israeliten den Sieg und eine Friedenszeit von 40 Jahren.

Als Beschützerin („Protectrix“) für ihr Volk erwies sich die junge Witwe Judith. In einer schier ausweglosen Situation, als Judäa vom vielfach überlegenen assyrischen Heer belagert wurde, rief sie die Bewohner zu Gebet und Gottesfurcht auf und erinnerte die Ältesten, dass Gottes Macht sich nicht in der Stärke der Männer und ihrer Kampfrosse erweist. Unter Bitten und Fasten geht sie mit einer Dienerin ins Heerlager des Feindes auf, betört durch ihre Schönheit und ihren Mut den Feldherrn Holofernes und tötet ihn nach einem Festmahl. Judith und die Israeliten geben nach der Flucht der Assyrer Gott die Ehre und besingen seine Wunder. Sein Werkzeug war keine hochgerüstete Armee, sondern eine gottesfürchtige Frau.

Ein weiteres Gemälde stellt Esther als Schutzherrin („Patrona“) mit ihrem persischen Königsgemahl dar. Ihr gelingt es, dass Artaxerxes seinen königlichen Befehl zur Auslöschung des jüdischen Volkes im Perserreich zurücknimmt. Ihren Mut, sich als Jüdin zu bekennen und die machthungrigen Pläne des Höflings Haman aufzudecken, zieht auch sie aus Gebet und Fasten und dem Flehen der ganzen jüdischen Gemeinde zu Jahwe. Die Juden in aller Welt gedenken am Purimfest noch heute dieser Rettungsgeschichte, die ohne Esther nicht denkbar ist.

Das vierte Gemälde stellt die Mutter („Mater“) Bathseba des weisen Königs Salomon dar. Damit wird eine große Schuldgeschichte des Königs David ins Gedächtnis gerufen. Aber größer als seine Schuld ist nach seiner aufrichtigen Reue Gottes Erbarmen. Er schenkt dem Paar Israels großen König, dem es vergönnt wird, den Tempel in Jerusalem, den Anbetungsort des Gottesvolkes, zu bauen. 

Dass diese kleine Kapelle ein Ort des Gebetes und der Anbetung ist, war für uns alle spürbar, besonders beim gemeinsamen „Vater unser“, im Sprechen des „Ave Maria“ und beim priesterlichen Segen, den P. Menz uns spendete.

Abgerundet wurde der fast noch spätsommerliche Nachmittag mit einer Kaffeetafel und einem wunderbaren Blick über die vom Schilf umwachsene Seenlandschaft.

Text: Dr. Jutta Reuter SMDB         Bilder: Monika Topp SMDB, OZ Benediktbeuern